Romeo Ruh, 10. Dezember 2024 

In der heutigen Zeit, die von rasantem Wandel und Unsicherheiten geprägt ist, stehen Organisationen vor der Herausforderung, ein Gleichgewicht zwischen Stabilität und Flexibilität zu finden. Gerade in dynamischen Märkten ist es für Unternehmen essenziell, sowohl stabile Strukturen aufrechtzuerhalten als auch flexibel auf neue Entwicklungen zu reagieren. 

Das Konzept der «Power of two Systems» von John P. Kotter bietet hierfür eine wertvolle Orientierung. Es zeigt, wie Unternehmen zwei parallellaufende Systeme implementieren können, um den laufenden Betrieb effizient zu managen und gleichzeitig Innovationen voranzutreiben. 

System 1: Management Driven Hierarchy – «Run the Business» 

System 1 bildet das stabile Fundament einer Organisation. Es basiert auf klassischen Management-Prinzipien und konzentriert sich darauf, das Tagesgeschäft effizient abzuwickeln und die Qualität zu sichern. Im Zentrum stehen: 

  • Stabilität und Effizienz: Bewährte Verfahren und Prozesse sorgen für einen reibungslosen Ablauf. 
  • Top-Down Führung und klare Strukturen: Hierarchische Führungsprinzipien mit zentralisierten Entscheidungen und klaren Planungs- und Kontrollmechanismen prägen dieses System. 
  • Klassisches Projektmanagement: Planung, Controlling und die Bewertung anhand von KPIs stehen im Vordergrund und bieten Sicherheit und die Möglichkeit, die erwarteten Ergebnisse zu erreichen. 

Die transaktionale Führung in System 1 setzt auf Anreize, Kontrolle und Planung. Sie zielt darauf ab, Abläufe durch schrittweise Optimierungen kontinuierlich zu verbessern und Störungen vorzubeugen. 

System 2: Accelerator Network – «Change the Business» 

System 2 ist das flexible und dynamische Element, das Innovationen fördert. Es ermöglicht Unternehmen, Veränderungen aktiv anzugehen und sich an neue Gegebenheiten anzupassen. Die Schwerpunkte liegen auf: 

  • Veränderung und Innovation: Der Fokus liegt auf kontinuierlicher Verbesserung, der Entwicklung neuer Ideen und der Anpassung an sich wandelnde Märkte. 
  • Leadership und Ownership: Führungskräfte übernehmen eine transformative Rolle. Sie fördern die Autonomie der Mitarbeitenden und fungieren als Coaches, die die Eigenverantwortung und die aktive Beteiligung an Innovationsprozessen stärken. 
  • Agile Methoden und Flexibilität: Agile Praktiken wie Scrum oder OKR (Objectives and Key Results) mit iterativen Prozessen und schnellen Feedbackschleifen sind zentrale Elemente. Sie ermöglichen es, flexibel auf Veränderungen zu reagieren und kontinuierlich zu lernen. 

Transformationale Führung und entsprechende Lernprozesse sind zentral für System 2. Sie schaffen ein Umfeld, in dem Mitarbeitende sich frei entfalten und kreative Lösungen entwickeln können. 

Zusammenspiel der Systeme 

Der Erfolg liegt in der parallelen Nutzung beider Systeme. Unternehmen müssen sowohl effizient und beständig (System 1) als auch flexibel und innovativ (System 2) sein. Die Zusammenarbeit und Wechselwirkung beider Systeme ist entscheidend. Dafür müssen Unternehmen: 

  • Die Notwendigkeit beider Systeme akzeptieren. 
  • Führungskräfte aus System 1 müssen sich aktiv in System 2 einbringen und den Wandel unterstützen. 
  • Mitarbeitende sollten Anreize erhalten, sich in agilen Bereichen zu engagieren. 

Führung im dualen System 

Eine Organisation, die Stabilität und Agilität vereint («stagile» Organisation) erfordert einen «sowohl als auch»-Führungsansatz. Personen in der Führungsarbeit müssen: 

  • Die Balance zwischen beiden Anforderungen finden. 
  • Sowohl die Stabilität des Tagesgeschäfts gewährleisten als auch Raum für Innovationen schaffen. 
  • Als Manager, Visionäre und Coaches agieren, um Teams zu befähigen, flexibel auf Veränderungen zu reagieren. 

Das sogenannte TriUnity-Modell bietet einen ganzheitlichen Ansatz für die Entwicklung einer solchen Organisation. Es umfasst drei zentrale Elemente: 

  • Managementrahmen: Schafft Stabilität im Tagesgeschäft durch klare Definition von Zweck, Werten, Vision und Strategie des Unternehmens. 
  • Führungsprinzipien: Fördern Agilität und Innovation durch Selbstverantwortung, Offenheit für Veränderungen und eine Kultur des kontinuierlichen Lernens. 
  • Umwelt/Beziehungsebenen: Berücksichtigt die verschiedenen Beziehungen innerhalb und außerhalb des Unternehmens und optimiert die Interaktion zwischen Individuen, Teams, Abteilungen, anderen Unternehmenseinheiten und der externen Umwelt. 

Fazit 

Der Erfolg moderner Organisationen liegt in der Balance zwischen Stabilität und Agilität. System 1 sorgt für Effizienz, während System 2 Veränderung und Innovation ermöglicht. Zukunftsorientierte Organisationen meistern diesen Spagat, der kein Option, sondern eine Notwendigkeit ist, um in einem dynamischen Marktumfeld erfolgreich zu sein. 

 

Foto von Markus Spiske auf Unsplash