Diversity, Inclusion, Equity und Belonging

Ein ganzheitlicher Ansatz für eine nachhaltige Unternehmenskultur

Moreno della Picca, 30. August 2024

Diversity – das Wort, das in den letzten Jahren in der Geschäftswelt immer häufiger zu hören ist – bedeutet weit mehr als nur das Zusammenkommen unterschiedlicher Menschen. Grundsätzlich steht Diversity für die personelle Vielfalt innerhalb einer Gruppe, wobei oft identitätsstiftende Merkmale wie Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit oder Behinderung in den Vordergrund gerückt werden. Diese „klassischen Dimensionen“ der Vielfalt sind entscheidend, um historische Ungleichheiten zu korrigieren und soziale Gerechtigkeit zu fördern. Im Arbeitskontext ist es jedoch ebenso wichtig, Diversity weiter zu denken: kognitive Diversität oder „Diversity of Thought“ spielt eine entscheidende Rolle. Diese umfasst unterschiedliche Sichtweisen, Arbeitsstile und Problemlösungstechniken, die Teammitglieder aufgrund ihrer einzigartigen Erfahrungen und Hintergründe mitbringen.

Doch kognitive Diversität ersetzt nicht die klassischen Dimensionen der Vielfalt – sie ergänzt sie vielmehr. Die Erfahrungen, die wir aufgrund unseres Geschlechts, unserer ethnischen Herkunft oder Behinderung machen, prägen unsere Denkweise und tragen zur Vielfalt der Gedanken bei. Ein ganzheitlicher Ansatz zu Diversity verbindet daher klassische und kognitive Aspekte, um Innovation und Leistungsfähigkeit in Organisationen zu steigern.

Inclusion – die Schaffung einer Kultur, in der sich jeder zugehörig fühlt – ist der Schlüssel, um die Vorteile von Diversity voll auszuschöpfen. In einer inklusiven Kultur stehen Wertschätzung, Vertrauen, Authentizität und psychologische Sicherheit im Mittelpunkt. Dies ist besonders wichtig in vielfältigen Teams, wo das Gemeinsame über das Trennende gestellt wird. Aber auch homogene Teams profitieren von einem wertschätzenden und vertrauensvollen Arbeitsumfeld.

Im Deutschen wird Inklusion oft als Teilhabe von Menschen mit Behinderungen verstanden, doch im Kontext des Diversity Managements ist der Begriff Inclusion breiter gefasst. Er beschreibt sowohl das aktive Einbeziehen aller Mitarbeiter in ein „Wir“ als auch die Schaffung von strukturellen Voraussetzungen, um dieses „Wir“ im Arbeitsalltag zu leben. Dies bedeutet, Dialog und Austausch zu fördern und diskriminierungsfreie Strukturen zu schaffen, die sicherstellen, dass alle fair behandelt werden.

Equity – oder Chancengerechtigkeit – bildet die Brücke zwischen Diversity und Inclusion. Es geht darum, die unterschiedlichen Ausgangsbedingungen der Menschen anzuerkennen und Ungleichheiten auszugleichen, um allen die gleichen Chancen zu bieten. Equity ist somit die Methode, um von einer vielfältigen zu einer wirklich inklusiven Organisation zu gelangen. Statt Unterschiedlichkeiten zu ignorieren, zielt Equity darauf ab, die Individualität jedes Einzelnen zu schätzen und Vielfalt als Ressource zu nutzen.

Belonging – das Gefühl der Zugehörigkeit – ist der Indikator dafür, wie gut eine Organisation ihre DEI-Massnahmen (Diversity, Equity, Inclusion) umsetzt. Ein starkes Zugehörigkeitsgefühl führt zu höherem Engagement, effektiverer Teamarbeit und mehr Motivation, die Ziele der Organisation zu erreichen. Während Belonging oft nicht direkt mit DEI in Verbindung gebracht wird, wird es in Zukunft immer stärker als integraler Bestandteil wahrgenommen werden müssen. Denn nur so kann sichergestellt werden, dass DEI-Maßnahmen nicht nur umgesetzt, sondern auch nachhaltig verankert werden.

In der heutigen Arbeitswelt gibt es einen wachsenden Trend hin zu Inclusive Leadership und Inclusive Culture. Dies spiegelt den Bedarf wider, über reine Diversity Trainings hinauszugehen und eine Kultur zu schaffen, in der sich alle Mitarbeitender:innen willkommen und geschätzt fühlen. Die aktuellen Herausforderungen wie Fachkräftemangel und Generationenwechsel werden diesen Fokus weiter verstärken.

Um die ganze Belegschaft für DEI zu gewinnen, ist es wichtig, das gemeinsame Bedürfnis nach Zugehörigkeit anzusprechen. Wenn Zugehörigkeit zur verbindenden Vision wird, sind Mitarbeitende eher bereit, sich auf die notwendigen Veränderungen einzulassen, die eine Organisation nachhaltiger inklusiv machen.

Letztlich geht es bei DEI darum, eine Unternehmenskultur zu schaffen, die nicht nur die Vielfalt anerkennt, sondern auch aktiv nutzt, um die Zusammenarbeit, Innovation und das Wachstum zu fördern. Es beginnt mit der Diversifizierung der Belegschaft, doch entscheidend ist, wie diese Vielfalt im täglichen Miteinander gelebt wird.

Umsetzung – Ein sinnstiftender und nachhaltiger DEI-Ansatz (Diversity, Equity, Inclusion) erfordert eine strategische Integration in die Unternehmenskultur, unterstützt durch klare Führung und die aktive Beteiligung aller Mitarbeitenden. Zunächst muss das Engagement von der Führungsebene ausgehen, indem DEI als strategische Priorität verankert wird. Eine umfassende Analyse der aktuellen Situation bildet die Basis, um spezifische und messbare DEI-Ziele zu setzen. Um diese Ziele zu erreichen, sind Schulungen und Sensibilisierungsprogramme notwendig, die das Bewusstsein für unbewusste Vorurteile und die Bedeutung von Inklusion schärfen. Strukturelle Anpassungen in den Personalprozessen, wie bias-freie Einstellungsverfahren und die Förderung unterrepräsentierter Gruppen, sind unerlässlich, um Chancengleichheit zu gewährleisten. Eine inklusive Unternehmenskultur wird durch die Etablierung von Werten wie Respekt und Gerechtigkeit sowie durch den offenen Dialog über DEI-Themen gefördert. Der Erfolg der DEI-Massnahmen sollte kontinuierlich gemessen und bei Bedarf angepasst werden. Transparente Kommunikation über Fortschritte und das Feiern von Erfolgen stärken das Vertrauen und das Engagement der Mitarbeitenden. Durch externes Engagement und das Teilen von Best Practices kann das Unternehmen eine Vorbildfunktion übernehmen und andere inspirieren. Letztlich ist DEI ein fortlaufender Prozess, der Innovation und langfristigen Erfolg im Unternehmen fördert, wenn er authentisch gelebt wird.

Kritische Stimmen in der Umsetzung – Diversity, Equity und Inclusion (DEI) haben in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen, doch ihre Umsetzung ist nicht ohne Herausforderungen. Eine häufige Kritik ist, dass DEI-Initiativen oft oberflächlich oder als Symbolpolitik betrieben werden, ohne tiefgreifende Veränderungen in der Organisationskultur herbeizuführen. Dies kann zu Misstrauen und Zynismus führen, insbesondere wenn DEI-Maßnahmen als „Feigenblatt“ verwendet werden, um das Image eines Unternehmens zu verbessern. Ein weiteres Problem ist das sogenannte Tokenism, bei dem Angehörige unterrepräsentierter Gruppen als „Aushängeschild“ eingesetzt werden, ohne echte Chancengleichheit zu gewährleisten. Zudem besteht das Risiko, dass DEI-Maßnahmen missverstanden oder falsch interpretiert werden, was zu Spannungen innerhalb der Belegschaft führen kann. Eine übermäßige Fokussierung auf bestimmte Dimensionen von Vielfalt, wie Geschlecht oder ethnische Zugehörigkeit, kann ebenfalls problematisch sein, da andere wichtige Aspekte der Diversität vernachlässigt werden. Der Widerstand gegen DEI-Initiativen ist eine weitere Herausforderung, besonders in Organisationen mit traditionellen Strukturen, wo die Notwendigkeit dieser Maßnahmen nicht immer anerkannt wird. Darüber hinaus ist die Messbarkeit von DEI-Erfolgen schwierig, insbesondere bei qualitativen Zielen wie der Schaffung einer inklusiven Kultur. Schließlich können DEI-Maßnahmen zu einer Überlastung und Burnout bei denjenigen führen, die stark in diese Programme eingebunden sind, was die Effektivität und das Engagement dieser Mitarbeiter:innen mindern kann. Eine ganzheitliche und durchdachte Umsetzung von DEI ist daher entscheidend, um die gewünschten positiven Veränderungen nachhaltig zu erreichen.

Quelle: „Von Diversität zu Inklusion“ (2023), Susanne Hamscha und Manfred Wondrak, Personalmagazin, Ausgabe 12/2023.