Resilienz ist gut, aber Veränderung rockt:
Wieso Transformabilität unser neues Superheldenkostüm sein sollte!

Reto Rüegger, 1. Oktober 2024

Resilienz scheint momentan das Buzzword schlechthin zu sein – jeder möchte resilient sein, jede Firma möchte resiliente Mitarbeitende, und irgendwie klingt es so, als wäre Resilienz die Antwort auf alle Fragen des Lebens. Doch ich frage mich: Ist Resilienz wirklich das ultimative Ziel? Oder gibt es etwas, das noch erstrebenswerter ist – vielleicht sogar aufregender? Willkommen in der Welt der Transformabilität. Klingt sperrig? Ja, der Begriff wird in Textprogrammen auch zuverlässig rot unterstrichen. Aber bleib dran – es lohnt sich, sich mit diesem Konzept auseinanderzusetzen.

Resilienz vs. Transformabilität: Der Unterschied ist entscheidend

In unserem TriUnity Leadership Modell definieren wir „Offenheit für Veränderung“ als eine der wichtigsten Dimensionen einer modernen Führungskraft. Resilienz, das berühmte Schlagwort, beschreibt die Fähigkeit eines Systems – sei es ein Mensch, ein Unternehmen oder sogar eine Gesellschaft – nach einer Störung wieder in seinen ursprünglichen Zustand zurückzukehren. Das klingt zwar zunächst positiv, doch stellt sich die Frage: Willst du wirklich immer nur zum Alten zurückkehren?

Transformabilität ist der mutige grosse Bruder der Resilienz. Es bedeutet nicht einfach, durchzuhalten und zum Status quo zurückzukehren, sondern bereit zu sein, sich grundlegend zu verändern, wenn die Umstände es erfordern. Und das, meine Freunde, ist oft genau das, was es braucht, wenn alles Kopf steht. Denn manchmal ist der Status quo das Problem.

Um es einfach zu sagen: Resilienz bedeutet, sich nach einem Bergsturz wieder aufzurappeln und das Haus neu aufzubauen. Transformabilität bedeutet, zu erkennen, dass das Haus vielleicht besser an einem anderen Ort stünde oder dass es ohnehin Zeit für ein schickes Loft wäre.

Es ist nicht die stärkste Spezies, die überlebt, noch die intelligenteste, sondern diejenige, die am anpassungsfähigsten auf Veränderungen reagiert. – Charles Darwin

Transformabilität: Netflix lässt grüssen

Denken wir an ein Beispiel, das für jeden greifbar ist: Netflix. Ursprünglich als DVD-Versanddienst gestartet, hat das Unternehmen schnell erkannt, dass DVDs allein bald von der Bildfläche verschwinden würden. Also haben sie sich nicht nur angepasst – sie haben sich transformiert. Das Resultat? Einer der grössten Streaming-Anbieter der Welt, der die Entertainment-Branche radikal umgestaltet hat. Ein Paradebeispiel für Transformabilität, und Netflix ist damit nicht nur überlebensfähig geblieben, sondern hat das Spiel verändert.

Hier steht Netflix stellvertretend für das Prinzip: Verändere dich, bevor dich die Veränderung überrollt.

Faktoren, die uns zu Transformationsheld:in machen

Aber wie schafft man es, so wandlungsfähig zu sein? Hier sind einige Schlüsselzutaten:

  • Kreatives Denken und Innovation: Wenn du ausgetretene Pfade verlässt und über den Tellerrand hinausdenkst, bist du auf dem besten Weg, transformabel zu werden. Oder anders gesagt: „Was würde passieren, wenn wir es GANZ anders machen?“ ist eine grossartige Frage.
  • Kritische Reflexion: Es braucht den Mut, sich selbst infrage zu stellen. Seien wir ehrlich – es fühlt sich besser an, wenn man Recht behält. Doch genau hier liegt das Problem. Wer nie zweifelt, bleibt stehen. Und stehenbleiben ist in einer dynamischen Welt nicht sehr nachhaltig.
  • Führung und Vision: Ein klarer Kopf mit einer klaren Vision hilft enorm. Transformation braucht inspirierende Köpfe, die ein Ziel nicht nur im Kopf, sondern auch im Herzen haben. Wie Simon Sinek in seinem Buch „Start With Why“ beschreibt: Menschen folgen jenen, die eine Vision haben und wissen, warum sie etwas tun.
  • Flexibilität: Wer sich biegt, bricht nicht. Flexibilität ist nicht nur körperlich gut für uns (Yoga, ich schau dich an!), sondern auch mental. Eine Organisation, die starr und unbeweglich ist, wird zerbrechen – eine, die sich biegt, kann Neues schaffen.
  • Mut und Risikobereitschaft: Transformation braucht Mut – den Mut, Neues zu wagen und Risiken einzugehen, auch wenn die Zukunft ungewiss ist. Veränderung bedeutet immer auch Unsicherheit, und wer den Sprung wagt, braucht die Bereitschaft, Fehler zu machen und daraus zu lernen. Ohne Risikobereitschaft bleibt der Wandel oft nur ein schöner Gedanke.
Resilienz und Transformabilität Hand in Hand?

Nun könnten wir sagen: Es geht nicht darum, Resilienz schlecht zu reden. Beides ist wichtig. Resilienz hilft uns, die bestehenden Strukturen zu bewahren, während Transformabilität genau dann gebraucht wird, wenn diese Strukturen nicht mehr ausreichen. Der richtige Mix macht’s!

Manchmal geht es eben darum, erst resilient zu sein – den Sturm zu überstehen – um sich dann zu transformieren, wenn der Sturm uns gezeigt hat, dass das alte System schlicht nicht mehr passt.

Wandel als Chance – nicht als Bedrohung

In Zeiten von Krisen – ob geopolitischer Natur oder wirtschaftlicher Unsicherheit – wünschen sich viele einfach nur „zur Normalität zurückzukehren“. Aber ist das wirklich das, was wir wollen? Oder ist die „alte Normalität“ nicht genau das, was die Krisen überhaupt erst möglich gemacht hat?

Hier greift der Ansatz von Otto Scharmer, der in seinem Buch „Theory U“ über transformative Veränderung schreibt: „Denke daran, dass jede Krise auch eine Gelegenheit ist, die Zukunft neu zu gestalten.“ Um es weniger esoterisch auszudrücken: Krise bedeutet, dass wir gezwungen sind, neu zu denken. Wer sich traut, dies zu tun, wird wachsen.

Resilienz oder Transformabilität? Vielleicht beides – aber bitte mehr Veränderungsfreude!

Veränderung ist nicht immer leicht – aber sie kann aufregend sein. Transformabilität bedeutet, die Fähigkeit zu haben, sich an veränderte Umstände anzupassen, indem wir etwas völlig Neues erschaffen. Und dabei geht es nicht nur ums Überleben – es geht darum, zu wachsen, sich weiterzuentwickeln und vielleicht sogar eine neue, bessere Realität zu schaffen.

Vielleicht sollten wir also weniger fragen: „Wie kann ich resilienter werden?“ und stattdessen mehr fragen: „Wie kann ich mich transformieren?“. In einem Zeitalter, in dem Veränderungen die einzige Konstante sind, könnte Offenheit für Veränderung der Schlüssel sein – ein Schlüssel, der uns nicht nur Türen öffnet, sondern uns eine völlig neue Welt betreten lässt.

Change is not a threat, it’s an opportunity. Survival is not the goal, transformative success is. – Seth Godin